Firmenchronik

Die älteste Glasmalereiwerkstatt Deutschlands wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in Linnich/Rheinland vom Landarzt Dr. Heinrich Oidtmann gegründet. Das Gründungsdatum beruht auf einer Rechnung vom 6.12.1857 an den Glasmeister Kobecke aus Linnich über einige bemalte Gläser. Andere, nicht gesicherte Quellen sprechen von einem früheren Datum.

Über sechs Generationen hinweg ist unser Familienbetrieb mit der Fertigung, Pflege und Erforschung künstlerischer Verglasungen beschäftigt.

Heinrich Oidtmann I (1838-1890)

Bereits als Student der Chemie und Medizin beschäftigte sich Dr. Heinrich Oidtmann I mit der Geschichte und Technik der Glasmalerei. Fasziniert von den Möglichkeiten des Werkstoffes Glas galt sein Interesse neben der Herstellung der traditionellen musivischen Glasmalerei der Entwicklung seriell herstellbarer Glasmalereien mittels einer speziellen Drucktechnik. Zu Beginn der 1860er Jahre gelang es ihm, mit der Technik der Lithographie Vorlagen auf Glas zu übertragen. Der Handel mit den nunmehr kostengünstigen Scheiben in Glassteindruck sorgte für einen steilen Aufstieg unseres Unternehmens. Der wirtschaftliche Erfolg der weltweit exportierenden Firma (u.a. nach Amerika, Afrika, Philippinen) zeigte sich auch in der Gründung zweier Filialen in Brüssel (1885) und Berlin (1886). Mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet, zählte unser Unternehmen beim Inhaberwechsel im Jahre 1890 bereits 100 Mitarbeiter.

 

Heinrich Oidtmann II (1861-1912)

In der zweiten Generationen unter Leitung des Mediziners Dr. Heinrich Oidtmann II rückte dir Firma aus Qualitätsgründen vom mechanischen Glassteindruck ab. Neben der Anfertigung historischer Kopien sowie Entwurf und Ausführung musivischer Glasmalereien im historisierenden Stil lag der besondere Verdienst von ihm vor allem in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Technik und der Geschichte der Glasmalerei. Die monumentale Abhandlung über „Die Rheinischen Glasmalereien von 12. bis 16. Jahrhundert“ von 1912 gehört bis heute zu den Standardwerken der Glasmalerei -Literatur. Dr. Hans Kisky vom Denkmalamt in Bonn schrieb im 1959 herausgegebenen Buch 100 Jahre rheinische Glasmalerei „Im Rheinischen hat es kaum einen Wissenschaftler gegeben, der annähernd die gleiche Kenntnis auf dem Gebiet der Glasmalerei erreicht hat.“

 

Heinrich Oidtmann III (1888-1929)

Dipl.- Ing. Heinrich Oidtmann III war Architekt und führte ab 1912 die Firma. Durch seine verstärkten Exporte nach Amerika überstand die Werkstatt die schwierige Zeit des 1.Weltkrieges und der Weltwirtschaftskrise. Außerdem setzte er das wissenschaftliche Werk seines Vaters fort, indem er 1928 den zweiten Band über die Geschichte der rheinischen Glasmalerei veröffentlichte.

 

 

 

Ludovica Oidtmann (1899-1945)

Nach dem frühen Tod ihres Ehemannes Heinrich Oidtmann III leitete Ludovica Oidtmann die Glasmalereiwerkstatt. Sie suchte und fand den Kontakt zu den zeitgenössischen Künstlern. Wie sie es geschafft hat, die Werkstätten durch die schwierige Zeit der Weltwirtschaftskrise und des Dritten Reiches erfolgreich zu führen, ist kaum nachzuvollziehen und darf als die größte menschliche Leistung der Firmengeschichte angesehen werden.

 

 

Friedrich (1924-2004) und Ludovikus (1928-2006) Oidtmann

1945 übernahmen die beiden Söhne Friedrich und Ludovikus Oidtmann, wegen des Todes der Mutter, die durch den Zweiten Weltkrieg stark zerstörte Firma. Sie nutzten die Chance des Neubeginns in der Zeit des Wiederaufbaus und knüpften verstärkt an die modernen Tendenzen der Glasmalerei an. Neben dem persönlichen Kontakt zu Künstlern im In- und Ausland, war vor allem der Dialog mit den jungen Glasmalern im Rheinland von nachhaltiger Bedeutung. Die Zusammenarbeit mit namenhaften Künstlern, als auch die Erweiterung des Angebots ausführbarer Techniken um Mosaik und Betonverglasung, begründeten den Aufschwung des Familienbetriebs, der sich in verschiedenen Auszeichnungen wiederspiegelte, wie z.B. dem Studio-Werkpreis der Handwerkskammer Aachen 1972, Linnicher Groschen 1972, Exempla 77 der Handwerksmesse in München und dem Ritterkreuz des Isländischen Falkenordens durch den Staatspräsidenten von Island 2004. Darüber hinaus waren sie gemeinsam mit ihren Söhnen Heinrich und Stefan durch die Stiftung einer wertvollen Glasmalereisammlung maßgeblich an der 1997 erfolgten Gründung des Deutschen Glasmalerei-Museums in Linnich beteiligt.

 

Heinrich (*1958) und Stefan (*1959) Oidtmann

Seit 1999 führen Heinrich und Dr.-Ing. Stefan Oidtmann das Erbe ihrer Väter erfolgreich fort.

Heinrich Oidtmann machte seine Ausbildung zum Gesellen und Kunstglaser Meister in der Glasfachschule in Hadamar. Bevor er 1983 in den Familienbetrieb eintrat, war er einige Jahre in einer anderen Werkstatt tätig.

Dr.-Ing. Stefan Oidtmann absolvierte sein Architekturstudium an der TU Braunschweig und der RWTH Aachen. Parallel zum Studium begann er 1981 seine Ausbildung zum Glasmaler im Familienbetrieb.
Von 1989 bis 1996 war er Projektleiter im Forschungsverbundprojekt für den Bereich “Untersuchungen zur Wirksamkeit vorhandener Schutzverglasungen sowie Entwicklung und Erprobung neuer Schutzverglasungskonstruktionen” für das Ministerium für Forschung und Entwicklung. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts verfasste er 1994 seine Dissertation mit dem Titel: „Die Schutzverglasung - eine wirksame Schutzmaßnahme gegen die Korrosion an wertvollen Glasmalereien“. Durch seine langjährige intensive Erfahrung mit Schutzverglasungskonstruktionen und klimatechnischen Messungen wird er häufig als Gutachter zu Rate gezogen.
Seit 1998 ist er zudem öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Glas – und Porzellanmalerhandwerk, zurzeit der einzige bundesweit.

Sie sehen es als wichtige Aufgabe an, den Kontakt mit den zeitgenössischen Künstlern zu pflegen, deren Entwürfe optimal in Glas zu übersetzen und offen zu sein für Experimente. Außerdem ist es ihnen ein großes Anliegen, die Restaurierung alter Glasgemälde in Verbindung mit den zuständigen Ämtern für Denkmalpflege durchzuführen - mit größter Sorgfalt, mit guter Sachkenntnis und nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen.